Die Deutschen aus Posen

Die Deutschen im Posener Land, das in Polen Wielkopolska (Großpolen) genannt wird, haben eine 1000-jährige Beziehung zu diesem Land. Bereits vor der Jahrtausendwende kamen die ersten Deutschen aus dem Heiligen Römischen Reich (HRR) nach Polen, dessen Hauptorte damals Posen (Poznań) und Gnesen (Gniezno) waren.

Besondere Berühmtheit erlangte die Pilgerfahrt Kaiser Otto III. im Jahr 1000 an das Grab seines als Märtyrer ermordeten väterlichen Freundes, des aus Heiligen Adalbert von Prag.

Die Beziehungen zwischen dem HRR und Polen waren zwar nicht immer friedlicher Natur, aber die schlesisch-polnische Grenze, die bis heute auf Verwaltungskarten zu erkennen ist, ist die längste friedliche und bestehengebliebene Grenze in Zentraleuropa vom Mittelalter bis in die Neuzeit.

Infolge der Besiedlung Schlesiens durch herbeigerufene Kolonisten unter den zu Deutschen gewordenen schlesischen Piasten kam neben dem Magdeburger Stadtrecht die Variante des Neumärkter Stadtrechts in Gebrauch. Auch die Piasten, die später das Königreich Polen neu gründeten, riefen deutsche Kolonisten, Klöster und Handwerker ins Land, die Dörfer nach deutschem Recht gründeten und die Städte nach deutschem Recht (nach dem Vorbild von Magdeburg, Neumarkt, Kulm oder Lübeck) entstanden. Auch bereits bestehende Städte wurden mit diesen Rechten neu begründet.

Viele dieser Siedler gingen später im Polentum auf, d. h. sie assimilierten sich total. Die zweite große Siedlerwelle erfolgte im Zeitalter der Reformation bzw. Gegenreformation. Viele hoch ausgebildete Glaubensflüchtlinge aus dem Gebiet des HRR fanden durch den polnischen Adel Aufnahme im damals religiös toleranten Polen. Auch in dieser Zeit entstanden zahlreiche neue Städte nach deutschem Stadtrecht bzw. Dörfer nach dem holländisch-flandrischem, die oft den Beinamen Olendry (Holland) erhielten.

Erst mit der ersten Teilung Polens 1772 kamen die nördlichen Teile des Posener Landes unter preußische Herrschaft, bzw. in seiner Gesamtheit mit der 2. Teilung (1793), unterbrochen durch die Ära Napoleon mit dem Herzogtum Warschau (1807-1813/15).

Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter des Nationalismus. Es kam im Posener Land zum sog. Nationalitätenkampf. Den hier regierenden Preußen warf man „Germanisierungspolitik“ vor, was in Teilen berechtigt ist, aber nicht in seiner Auswirkung. Die Ansiedlung von Deutschen im Posener Land war im 19. Jahrhundert gering, die Abwanderung in den Westen, bzw. die Auswanderung nach Amerika war viel größer.

Als infolge des Versailler Vertrags (1919/20) Polen als Staat wieder erstand, die II. Polnische Republik, fanden sich die Deutschen als polnische Staatsbürger in einen Staat wieder, der sie als missliebige Minderheit betrachtete und auch so behandelte.

Die polnischen Staatsbürger deutscher Nationalität mussten sich als Minderheit in der Zwischenkriegszeit erst finden, wozu diese Epoche jedoch zu kurz war. Die Gruppen waren zudem zu unterschiedlich – geprägt durch die drei Teilungsmächte Russland, Preußen und Österreich.

Im III. Reich, nach der Eroberung Polens, wurden sie zudem vom NS-Regime instrumentalisiert und als ideologische Rangiermasse zusammengeworfen und letztlich nach dem verlorenen Krieg vertrieben.

Die ihrer historischen Wurzeln beraubten suchten in der Landsmannschaft Weichsel-Warthe zum einen Hilfe zur Selbsthilfe, und heute vor allem nach den historischen Zusammenhängen ihrer eigenen Geschichte und den Gründen dafür, zu erkennen, warum ihnen das geschah, was im 20. Jahrhundert geschehen ist.

Karte der Provinz Posen um 1905 (CC BY-SA 3.0)