Susanne Fritz: Heinrich. Göttingen 2023.
(ISBN: 918-3-8353-5402-4)
Ihr Roman „Wie kommt der Krieg ins Kind“, in dem Susanne Fritz das Trauma ihrer Familie beschreibt, findet in der kürzlich erschienenen Erzählung „ Heinrich“ seine literarische Fortsetzung und Ergänzung.
Ging es in dem erstgenannten Roman um das Schicksal der Mutter der Schriftstellerin, die 1945 als Vierzehnjährige in das polnische Arbeitslager „Potulice“ gebracht wurde, wird diese deutsch-polnische Geschichtsschreibung mit der literarischen Biographie des Vaters Heinrich – auch er Angehöriger der deutschen Minderheit in der Zweiten Polnischen Republik – fortgesetzt.
1926 im Dorf Zalasewo (drei Kilometer südlich von Schwersenz) geboren (dem Jahr des Staatsstreich Pilsudskis), wächst Heinrich im Armenviertel von Schwersenz (poln.: Swarzedz) auf.
Nachdem die deutsche Wehrmacht im Herbst 1939 Polen besetzt und dessen westlichen Teil als „Reichsgau Wartheland“ dem Deutschen Reich einverleibt hatte, träumt der jugendliche Heinrich von Aufstiegschancen.
Doch seine Träume zerstört „der große Brand, der ihre alte Welt vernichtete (S.201) und enden abrupt, als sich der Neunzehnjährige in russischer Kriegsgefangenschaft befindet.
„Die untergegangene Welt ist nicht die gelungenste aller Welten. Diese Entdeckung setzt ungeahnte Kräfte frei. Jeder Bruch bringt Verbesserung.“ (S.13).
1949 kommt er in die Bundesrepublik, wo ihm eine schwindelerregende Karriere als Architekt und Bauunternehmer im „Wirtschaftswunderland“ gelingt.
Susanne Fritz schildert dabei eindrucksvoll den Alltag der Eingliederung von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, das „Fussfassen der Hineingeschmeckten“ in ihrer neuen Heimat.
Mosaikstein für Mosaikstein – in dieser beschwerlichen und mühseligen literarischen Spurensuche rekonstruiert die Autorin den Lebenslauf ihres Vaters – mit allen Höhepunkten, aber auch Brüchen seines Lebens.
Ein empfehlenswertes –und unbedingt lesenswertes Buch, dem viele Leserinnen und Leser zu wünschen sind.