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Begegnungsreise nach Posen (Poznań)

Begegnungsreise der Landsmannschaft Weichsel-Warthe nach Posen (Poznań)

Im Dezember (6.-7.12.24) fand in Posen (Poznań) ein Arbeitstreffen der Landsmannschaft Weichsel-Warthe und der dortigen Polnisch – Deutschen Gesellschaft statt. Die Delegation der Landsmannschaft wurde von ihrem Bundesvorsitzenden Dr. Lothar Jacobi an der Spitze vertreten und u.a. vom Redakteur der „Posener Stimmen“, Steffen Schulz, und weiteren Vertretern des Vereins begleitet; die polnische Seite, die Polnisch-Deutsche Gesellschaft in Posen (Poznań), war durch ihre Vorsitzende Agnieszka Filipiak vertreten. Zudem nahmen zahlreiche Gäste aus der Woiwodschaft Wielkopolska (Konin, Leszno, Oborniki, Wieluń) sowohl am Praxisteil der Tagung als auch an den gemeinsamen Arbeitssitzungen teil. Das zweitägige Programm der Begegnung war reich an vielfältigen Attraktionen, interessanten Begegnungen und Erfahrungsaustausch. Dies galt auch für Aktivitäten am Rande des Tagungsprogramms. So begaben sich die Tagungsteilnehmer am ersten Tag nach den Beratungen am späten Abend auf den Marktplatz von Posen, um die zahlreichen auf dem Weihnachtsmarkt aufgebauten Attraktionen zu bestaunen. Der Vormittag war der Besichtigung von Sehenswürdigkeiten und Ausflügen zugedacht, die Nachmittage fanden in den Konferenzräumen des Hotels Park Inn by Radisson statt.
Als erster Programmpunkt stand eine Stadtführung auf dem Plan. Es ist eine Posener Tradition, dass solche Treffen, d.h. Besichtigungsgruppen mit Stadtführern unter dem historischen Pranger veranstaltet werden. Nach der Besichtigung der Altstadt mit dem dominanten Rathaus ging die Teilnehmergruppe zu Fuß zum Freiheitsplatz. Auf dem Weg dorthin gab es viele Hinweise zu lokalen Besonderheiten, wie z. B. kulinarische zu den St. Martins-Croissants (Posener Martinshörnchen mit Weißmohnfüllung). Die Stadtführerin erzählte an einzelnen Stationen auch Anekdoten und Kuriositäten aus der Stadtgeschichte und zu sprachlichen Ähnlichkeiten verschiedener lokaler (Posen polnischer) Ausdrücke zum Deutschen.

Ein ebenso wichtiger Teil der Begegnung war der Besuch des Museums der Posener Bamberger (Muzeum Bambrów Poznańskich, Mostowa-Str.). Zu erwähnen ist, dass diese Bezeichnung viele Siedler und deren Nachkommen erfasst, die im 18. Jahrhundert aus Franken (Bamberg) in den Posener Raum kamen, mit dem polnischen Kulturkreis verschmolzen und sich heute vor allem durch ihre deutsch klingenden Namen unterscheiden, die sie in männlicher Linie geerbt haben. Allein schon der Museumsleiter Aleksander Kubel – ein Vertreter der weitverzweigten Leitgeber-Familie (11. Generation) – war eine Bereicherung. Er führte die Besucher durch die Innenräume des Bamberger Hauses und erzählte dabei etliche Anekdoten und passende Geschichten zu den ausgestellten Exponaten. Von besonderem Interesse für die Gäste war die Entstehungsgeschichte der luxoriösen Frauentracht, die der Museumsführer mit seinem Witz den Besuchern erläuterte. Er beschrieb die Stoffe und diversen Bestandteile, mit denen die Frauen sie ausstatteten. Die umfangreichen Sammlungen dokumentieren die jahrhundertelange Tradition dieser Gemeinschaft, die trotz des Verschwindens der sprachlichen (deutschen) Zugehörigkeit den Kontakt zu ihren fränkischen Wurzeln nicht verloren hat.
Die Tagung am Nachmittag in den Konferenzräumen des Radisson-Hotels wurde von Dr. Jakobi (Hagen), eröffnet. Er führte die Anwesenden in die Geschichte der von ihm geleiteten Landsmannschaft Weichsel-Warthe ein. In der Präsentation fehlte auch nicht eine kurze persönliche Reflexion – sein Vater studierte nämlich vor dem Zweiten Weltkrieg an der Universität Posen Medizin und Sport.

Jacek Kubiak (Poznań), Publizist und Filmregisseur, der durch seinen interessanten Vortrag bei der letzten Kulturtagung in Fulda aufgefallen ist, konzentrierte sich in seinem Vortrag auf das komplizierte Schicksal der Mitteleuropäer im 20. und 21. Jahrhundert, die der Verfolgung nicht entkommen sind. Die Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben das Leben einzelner Menschen schmerzlich geprägt. Agnieszka Filipiak sprach auf beeindruckende Weise über die jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen den zwei Volksgruppen. Die Tagung ermöglichte es, sich mit den Publikationen des Koniner Freundeskreises vertraut zu machen, mit denen sich Pfarrer Waldemar Wunsz befasste. Die Aufmerksamkeit wurde auf ein Werk gelenkt, das die Geschichte der evangelischen Gemeinde in Zagórów (Bezirk Słupca) behandelt. Am zweiten Tag der Konferenz fand ein Ausflug zur Gemeinde Ryczywół im Kreis Obornice statt. Hier werden dank der Tätigkeit vieler Lokalhistoriker zahlreiche Initiativen unternommen, die in ihrer Wirkung und Bedeutung weit über die Kreisgrenzen hinausgehen. Zunächst besuchten die Teilnehmer das im Posener Land einzige Sozialzentrum der Johanniter in Ryczywół, geleitet von der ehrenamtlichen Mitarbeiterin Karolina Zimna. Eine Aufgabe des Sozialzentrums ist, Pflegebetten und andere Hilfsmittel für Kranke und Behinderte zu sammeln und zu verteilen.

Im Gemeindeamt von Ryczywół empfing der Bürgermeister Roman Trzęsimiech die Gäste und hieß sie herzlich willkommen. Der Bürgermeister stellte kurz die Maßnahmen zum Schutz des kulturellen Erbes der Gemeinde vor – er erwähnte die ehrenamtlich Tätigen, die sich besonders für diese Arbeit einsetzen. Dr. Robert Zimny berichtete in seinem Redebeitrag ausführlich über die Arbeit der Aktivisten aus Ryczywół. Nach seiner Rede bedankte sich Dr. Jakobi im Namen der Reiseteilnehmer ganz herzlich.

Anschließend luden örtliche Ehrenamtliche die Teilnehmer ein, das Gebäude der ehemaligen evangelischen Kirche aus dem Jahr 1896 zu besichtigen, deren Restaurierung bereits in vollem Gange ist. Das Wichtigste ist dabei, dass das Gebäude jetzt komplett überdacht ist. Ein weiterer Gastgeber, Jacek Dereżyński, zeigte das Lapidarium auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof, während Tymoteusz Nowicki die Besucher zum ehemaligen evangelischen Friedhof in Piotrów einlud, der gerade saniert wird. Die Anlage, wo unter anderem die sterblichen Überreste der Familie von Saenger begraben sind, wurde 1904 errichtet.
Der Vortrag am Nachmittag begann mit Adam Maliński und Agniszka Filipiak, die die 25-jährige Zusammenarbeit zwischen den Landkreisen Wągrowiec und Lüneburg präsentierten. Danach ergriff Prof. Jerzy Kołacki das Wort. Sein Beitrag war dem sogenannten baltischen Deutschland gewidmet. Abschließend wurde ein Resümee der Tagung gezogen und die Hoffnung geäußert, dass Begegnungen dieser Art fortgesetzt werden.

Dr. Zdzisław Włodarczyk

Geschichtsverein WTN Wieluń

übers. von Przemysław Zielnica

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