Die Galiziendeutschen

Galizien ist eine historische Landschaft in Südpolen und der Westukraine. Im Zuge der ersten Teilung Polens 1772 fiel Galizien an das österreichische Haus Habsburg und gehörte als sogenanntes Königreich Galizien und Lodomerien von 1867 bis 1918 als Kronland zum cisleithanischen Teil Österreich-Ungarns. Galizien war das östlichste und zugleich das größte Kronland der Habsburgischen Monarchie mit der Hauptstadt Lemberg.

Auch wenn sich bereits unter Maria Theresia ab 1774 die ersten deutschen Handwerker in Galizien ansiedelten, begann die eigentliche Kolonisation durch deutsche Siedler ab 1780 unter Kaiser Joseph II.

Mit dem Ansiedlungspatent von 1781 wurden die Bedingungen für die Ansiedlung von Bauern und Handwerkern aus dem Heiligen Römischen Reich festgelegt. Das betraf vor allem die Zuteilung des Bodens und die Gewährung einer mehrjährigen Steuerfreiheit. Das Toleranzpatent Josephs II. ermöglichte erstmals die Ansiedlung von Protestanten im katholischen Österreich. In den Jahren von 1782 bis 1785 zogen 3.216 deutsche Familien mit 14.669 Personen nach Galizien, die überwiegend aus der Pfalz und dem Badischen nach Galizien auswanderten.

Galiziendeutsche Sprachinseln, Karte von 1880 (CC BY-SA 3.0)

Bei der zweiten Einwanderungswelle unter Kaiser Franz II. kamen zwischen 1802 bis 1805 lediglich 629 Familien aus den westlichen Reichsgebieten und weitere 603 Familien aus österreichischen. In einer kleineren dritten Einwanderungswelle zwischen 1811 und 1848 kamen vor allem Siedler aus dem katholischen Egerland.

Seit 1920 gehörte Galizien zur neu gegründeten Zweiten Polnischen Republik. Die Situation der Galiziendeutschen verschlechterte sich in den folgenden Jahren. Deutsche Traditionen sowie die deutsche Sprache wurden vom neuen polnischen Staat unterdrückt. 1923 wurde der Bund der christlichen Deutschen in Galizien verboten.  

Nach der Besetzung Galiziens durch sowjetische Truppen im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes wurden Ende 1939 die meisten Galiziendeutschen in das Deutsche Reich umgesiedelt. Das Gebiet Galiziens wurde zunächst zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion aufgeteilt: Westgalizien wurde als Distrikt Krakau Bestandteil des sogenannten Generalgouvernements direkt dem Dritten Reich angeschlossen, während die Sowjetunion Ostgalizien an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik anschloss. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion wurde auch Ostgalizien in das Generalgouvernement eingegliedert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fielen zwei kleinere Gebiete Galiziens, die von 1939 bis 1941 sowjetisch gewesen waren, an Polen zurück. Heute gehört der westliche Teil Galiziens zu Polen, der östliche Teil mit Lemberg zur Ukraine.